Grazer Unterwelt

Die Vorgeschichte:

Vor nicht all zu langer Zeit wurde ich von einem Freund darauf Aufmerksam gemacht dass es nun wieder Führungen durch das Grazer Kanalsystem gibt. Kurzer Hand habe ich uns angemeldet, doch leider kam bei allen außer mir etwas dazwischen. Die Führungen werden von der Holding Graz durchgeführt welche das Kanalsystem unterhält und sind kostenlos. Auf der Homepage der Holding gibt es die aktuellen Termine. Ich werde die Seite wie üblich am Ende des Beitrags verlinken.

 

Die Führung:

Am Mittwoch dem 19.8.2015 ging es um 11 Uhr los. Der Treffpunkt war beim Einstieg gegenüber der Spabersbachergasse 11 / Ecke Schörgelgasse. Als erstes gab es wie überall üblich eine Sicherheits- und Verhaltensregelunterweisung. Das Team der Holding bestand aus einem Vortragenden welcher mit einer Art Megafon ausgestattet war und 2 Kanalmitarbeitern die das vordere und hintere Ende der Gruppe bildeten. Der Mitarbeiter welcher voran ging war mit einem Gaswarngerät ausgestattet da sich im Kanal giftige und explosive Gase bilden können. So ausgerüstet und eingereiht ging es ab in die Unterwelt.

Einstieg in den Untergrund

Natürlich duftet es im Kanal anfangs bestimmt nicht nach Rosen aber es war durchaus auszuhalten. Wir hatten auch noch Glück das es vorher geregnet hatte. Im Kanal angekommen gab es alle paar Meter jede Menge Informationen welche ich hier für euch zusammenfassen möchte.

Die Gruppe im Kanal
Unser Führer in der Unterwelt

Das Grazer Kanalsystem hat eine Gesamtlänge von ca. 850km und einen Rohrdurchmesser von 200mm bis 2,10m. Grundsätzlich gibt es 2 verschiedene Arten von Kanälen. Man spricht hier von Mischkanälen welche 70% des Systems ausmachen und den Trennkanälen bei denen entweder Regenwasser oder Abwasser durchfließt. Unter Mischkanälen versteht man jene, in denen Regen/Bachwasser und Abwasser von einander räumlich getrennt im selben Rohr fließen.

Mischwasserkanal

In den Betonrinnen auf beiden Seiten fließt das eigentliche Abwasser der Haushalte und in der Mitte das Bachwasser bzw. das Regenwasser. Aus den Öffnungen an der Wand fließt das Regenwasser von der Straße und den Häusern direkt in den Bachlauf in der Mitte.  Im Kanal gibt es eigentlich kaum beleuchtete Stellen, lediglich der Kanal für die Führung ist gut ausgeleuchtet. Eine weitere Besonderheit dieses Stollens ist, dass hier unten der Grazbach entsteht. Unter der Kreuzung Mandellstraße / Spabersbacherstraße mischen sich der Kroisbach und der Leonhardbach zum Grazbach welcher dann bei der Aubrücke zu Tage tritt und in die Mur fließt.

Entstehungsstelle Grazbach

So wie die Stadt, so wird auch das Abwassersystem in linkes und rechtes Murufer unterteilt. Entlag der Mur werden die beiden Hauptkanäle mit einem Durchmesser von 2,10m geführt, wobei der Kanal des linken Murufers auf höhe der Puntigammerbrücke auf die rechte Seite mittels einer 800mm Druckleitung übergeben. Von dort an geht es für die Wassermassen zum Klärwerk in Gössendorf. Eine raffinierte Konstruktion ist auch der Querschnitt der Leitungen. Man nennt diesses Profil „Grazer Ei Form“ und dies macht es möglich das die Fließgeschwindigkeit auch bei schwankenden Pegelständen relativ konstant bleibt. Nun könnte man meinen das ein V-förmiges Profil am besten geeinet wäre. Dies hätte aber neben einigen eindeutigen Nachteilen was das Befahren und Verschmutzen angeht auch einen gravierenden statischen Nachteil, denn der Kanal muss neben der Gewichtskraft des Erdreich auch noch die Fahrbahn und deren Benutzer tragen. Die Ei-Form leitet die eintreffenden Kräfte sehr gut nach unten ab.

Grazer Ei Form

Neben Abwässern und Tieren finden auch immer Menschen den Weg in die Tiefen die dort eigentlich nichts verloren haben. So habe wir auch Geschichten von diversen Ereignissen zu hören bekommen. Lustig ist auch das eine der Geschichten von einem Kollegen aus der Firma handelte. So klein ist also die Welt, selbst unter Tage….

Wie an der Oberfläche gibt es auch im Untergrund Schilder mit Straßennamen

Mandellstraße oben
Mandellstraße unten

In der Nähe des Ausstiegspunktes der Führung wurde ein Teilstück des Tunnels nach einem Bombentreffer im 2WK neu gemacht. Ziel des Angriffes war natürlich nicht der Kanal. An der Oberfläche stand früher eine Seifenfabrik die fälschlicherweise für einen Rüstungsbetrieb gehalten wurde Der Baustart für diesen Schacht erfolgte bereits im Jahre 1853. An dieser Stelle gab es auch einen aus Ziegel gemauerten Kanal zu bewundern.

Gemauerter Kanal

Nach 45 min. stiegen wir durch ein massives Stahlportal wirder zurück an die Oberfläche……..

Aufstieg ins Licht

 

 

Hydraulischer Sesam öffne dich

Fazit:

Die Unterwelten sind auf jeden Fall einen Besuch wert für alle jede die sich für den Weg unseres Abwassers interessieren. Auf jeden Fall ist gutes Schuhwerk und eine nicht zu überempfindliche Nase zu empfehlen.

 

Links:

Wasserwirtschaftsführungen der Holding Graz

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert